Freitag, 22. Februar 2013

Nachwort

Ich habe probiert soviel es ging, allzu persönliches aus dem Text herauszuhalten. Auch fehlt natürlich noch vieles aus der Zeit nach seiner Rückkehr . Aber  sein Entschluss, letztendlich doch wieder permanent in Deutschland zu leben, war auch der Abschluss für seine grössten Abenteuer, daher beliess ich es dabei.

Nach seiner nunmehr dritten Rückkehr, konnte er nicht sofort wieder mit der Max und Moritzbühne anfangen . Er arbeitete einige Jahre lang in einem Radiofachgeschäft in Hamburg, denn es fehlten ihm die finanziellen Mittel um die Bühne wieder aufzubauen . Er probierte sogar eine Kneipe zu bewirtschaften, denn "wer nichts wird, wird Wirt", wie das alberne Sprichwort lautet. Er konnte die Bühne erst in den frühen Siebzigern, mit Hilfe eines Freundes, der ihm das Geld dafür ohne jede Garantie borgte, wieder eröffnen .
Wir zogen wegen der schwierigen finanziellen Situation sehr oft um, blieben aber nach der Wiederbelebung unserer "Wander"-bühne endlich doch an nur einem Ort, eine kleine Stadt in der Mitte Deutschlands, die ich bis heute liebe und in die ich immer wieder zurückkehre .... Hann. Muenden..."Wo Werra sich und Fulda küssen,Sie ihre Namen büßen müssen und hier entsteht durch diesen Kuss deutsch bis zum Meer der Weser Fluss."

Unsere Bühne bereiste ganz Deutschland, von Bremen nach Rosenheim, von Aachen nach Fulda, wir kamen überall rum (innerhalb der BRD).
Er war bis zuletzt ein "Arbeitstier", in einem Alter, in dem viele bereits Rentner sind, schleppte er persönlich die Kulissen auf die Bühne und baute sie auf . Er fuhr stundenlang, am Tag oder auch bei Nacht. Er hatte die Fähigkeit sich sofort anderen Menschen anzuschließen und Freundschaften zu halten. Er war ein guter Freund in allen Lebenslagen , der Streit zwar hasste, aber auch keinem aus dem Weg ging, wenn es wichtig war.
Er konnte stundenlang ueber Politik diskutieren. Die Nazizeit und die Judenverfolgung waren keineswegs ein Tabuthema für ihn, von ihm konnte man in geschichtlichen Fragen immer eine interessante Antwort bekommen.
Alles zu hinterfragen, nichts sofort zu glauben und keiner Mehrheit nachzulaufen, das habe ich von ihm gelernt.
Aus nichts etwas zu machen, nie still zu stehen und das Wissen , das es immer ein "Morgen" gibt, das haben wir Kinder von ihm auch mitgekriegt.

Ich hoffe, dass es denjenigen die alles gelesen haben, auch Spass gemacht hat.
Wer noch Fragen hat, oder wer noch etwas dazu beitragen möchte, kann mir gerne einen Kommentar hier lassen...die Form eines Blogs erlaubt ja, dass man Änderungen vornehmen kann. Ich habe bereits den einen oder anderen Schreibfehler bei den älteren Kapiteln entdeckt und werde diese im Laufe der Zeit entfernen. Auch hat meine Schwester einen zeitlichen Fehler in einem der Kapitel gesehen , aber da ich deswegen das ganze Kapitel umschreiben muss ,habe ich es noch nicht gemacht....werde ich aber!

Es lohnt sich durchaus auch die kleinen politischen Kapitel zu lesen. Vieles von dem was er da durch-analysiert hatte, beeinflusst unsere Politik bis heute.

Etwas auf das ich auch nicht sehr eingegangen bin, war seine Kritik an der Kirche. Ich kann nicht behaupten, dass er ein Atheist gewesen war, aber er war ganz bestimmt kein religiöser Mensch und hat im Originaltext sehr viel Kritik an der katholischen Kirche, geuebt , weil er fand , das sie wenig dazu beigetragen hatte, die Nazis und deren Verhalten zu stoppen.

Hitler hat versucht das Leben meiner Familie , und das vieler Menschen , auch wenn sie nicht in einem KZ landeten , nachhaltig zu zerstören. Aber letztendlich haben wir das Spiel gewonnen...denn wir sind immer noch da, wir leben, wir lieben und es geht uns, wenn auch um Jahre verspätet, gut. Wer zuletzt lacht, lacht am besten!

In diesem Sinne denkt daran : Das Leben ist nicht immer schön, aber es ist nie zu spät zum umdekorieren!



Donnerstag, 21. Februar 2013

34 . Kapitel : Ende gut, fast alles gut...

Das wir in Joinville eine Vorstellung in deutsch gespielt hatten, hatte noch ein Nachspiel.
Wir hatten damit einen Präzedenzfall geschaffen und von da ab durfte man wieder offiziell deutsch sprechen. Zu einem neuerlichen Verbot hätte man ein neues Gesetz erlassen müssen und dafür bestand keine Veranlassung mehr .

Wir fuhren kreuz und quer durch Südbrasilien und bekamen auch Anfragen aus Montevideo in Uruguay. Also lernten wir eifrig spanisch. Montevideo erinnerte uns ein bisschen an...Wien! Die Stadt hatte ungefähr eine Million Einwohner, viele Kaffeehäuser und die Liebe zu gutem Essen. Man hoerte auch dort viel deutsch auf den Strassen, es gab eben sehr viel Auswanderer. Im Hafen der Stadt lag immer noch das Wrack des im Kriege versenkten Panzerkreuzers "Graf Spee", der hier Zuflucht gesucht hatte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Atlantikschlacht#Kaperfahrt_der_Admiral_Graf_Spee_von_September_bis_Dezember_1939




Leider klappte unsere Tournee durch Uruguay dann doch nicht, denn meine Frau bekam Typhus und musste fast 6 Wochen ins Krankenhaus, meine Tochter bekam ueber lange Zeit hin schmerzhafte Spritzen, damit sie nicht auch krank wurde.



Wir waren froh wieder nach São Paulo zu kommen.
Ich übersetzte allerlei Grimmsche Märchen ins portugiesische und führten die Stücke alle auf.




Hansel und Gretel , Zwerg Nase , Froschkönig und ...






Rotkäppchen ....



und naturlich Max und Moritz :





Zwischendurch bekam ich noch die Möglichkeit nach New York zu fahren. Dort sollte ich ein Auto kaufen um es nach Brasilien zu bringen. Es war ein etwas eigenartiges Geschäft, aber das lag an den Gesetzen.
Es gab ein Gesetz das die Einfuhr von Autos verbot. Dieses Gesetz galt aber immer nur für ein Jahr, dann musste es erneuert werden. Zwischen dem Ablauf und der Erneuerung lagen genau drei Wochen, in denen jedermann ein Auto einführen konnte .
Ich wurde also von einem Käufer,  zusammen mit noch 19 Personen mit dem gleichen Auftrag, nach New York geschickt.
Wir blieben rund vier Wochen. Innerhalb von nur drei Tagen hatte ich den Kauf getätigt , im Wagen wurde alles eingebaut was nötig war, ich bekam alle Dokumente und die Verschiffungsurkunde.
Damit hatte ich ein bisschen Zeit, mich ein wenig umzusehen. Ich suchte ein paar direkte Familienangehörige, Brüder meines Vaters,  von denen ich wusste, dass sie in New York lebten . Aber nach dem dritten Telefonbuch, in dem seitenlang  mein Nachname stand, gab ich es auf.

Zurück in São Paulo , arbeitete ich als Reporter bei der deutschsprachigen Zeitung "Diário Alemão" und einige Zeit danach auch als Redakteur bei der "Brasil-Post", einer Zeitung die hauptsächlich auf dem Lande gelesen wurde bis hinunter nach Paraguay, denn dort lebten in den "Missionen" sehr viele deutsche Siedler.

Im Oktober 1952 kam meine Tochter Susanne zur Welt.






In dem gleichen Jahr verstarb mein Stiefvater, der inzwischen längst wieder nach Salzburg zurückgekehrt war.
Unser Haus in Salzburg hatte er , ohne mich als Erben zu berücksichtigen, auf dem Sterbebett der Stadt überschrieben.
Im Jahre 1955 entschieden wir uns, diesmal zu viert, wieder nach Deutschland umzusiedeln.


Töchterchen Susanne....





Auch in Deutschland zog ich wieder die Max und Moritzbühne auf.





Im Jahr 1959 wollte meine Frau wieder zurueck nach Brasilien, weil sie ihre Familie vermisste und auch ich fuhr einige Monate später hinterher. Ich blieb dort dann noch rund zwei Jahre, bis ich mich (fast) endgültig für Deutschland entschied.


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Schlussbilanz...

In meinem weiteren Leben gab es noch viele Höhen und Tiefen, sehr viel Hin und Her.
Dieses Zigeunerleben schadete letztendlich meiner Ehe und wir trennten uns.
Ich fing noch einmal ganz von vorne an, heiratete eine Schauspielerin, bekam noch ein Kind, meine nunmehr dritte Tochter.
Die Max und Moritzbühne begleitete mich treu bei meinen Wanderungen zwischen Deutschland und Brasilien bis ins hohe Alter. Sie wurde 1986 verkauft, als mich mein Weg noch ein letztes Mal zurück nach Brasilien führte .

Alles in allem kann man wirklich sagen : Ende gut, fast alles gut!

33 . Kapitel : Das Verbot!





Im Aluminium Theater in Rio spielten wir pro Woche zweiundzwanzigmal. Montags bis Freitags je zweimal, Samstags dreimal, Sonntags viermal, und das bei einer Hitze die im Theater 40° erreichte. Die Firma Coca-Cola verteilte aus Reklamegründen ihr Produkt, eisgekühlt und auch wir bekamen einen Teil davon ab. Das kostete mich acht Tage lang meine Stimme!





Wir begannen eine Tournee durch Südbrasilien, da wo die Deutschen in der Bevölkerung eine Mehrheit bildeten, zumindest in Städten wie Joinville und Blumenau.

Joinville erinnert stark an Holland. Die Stadt wimmelte von Radfahrern.



Dort bat man uns inständig doch zu probieren, ob wir nicht Erlaubnis bekommen könnten die Vorstellung in deutsch zu spielen.
Ich ging also zur Polizeistation und sprach mit dem Polizeichef. Dieser fand das Verbot, deutsch zu sprechen, einen kompletten Blödsinn,  sagte aber auch das er darüber nicht entscheiden könne,  dafür sei das Militär zuständig.
Ich ging also zur Militärverwaltung.
Ich sprach mit dem diensthabenden Offizier und erklärte ihm, wie schwer es meiner Truppe fiel, in einer ihr fremden Sprache spielen zu müssen,  dass wir das aber bis jetzt mit viel Mühe getan hatten und es uns doch somit bestimmt verdient hätten, jetzt auch wenigstens eine einzige Vorstellung in deutsch geben zu dürfen.
 Es handele sich ja auch nur um eine Kindervorstellung!
Der Offizier dachte einige Zeit nach und kam dann zu dem Schluss, dass es eigentlich kein großes Problem wäre,  aber das seine Truppe dies vielleicht nicht so empfinden würde.
   Er würde daher ein Manöver außerhalb der Stadt anberaumen .

Ich ging also freudestrahlend wieder zurueck zum Polizeirevier und sagte dem Polizeichef, dass er jetzt bekanntgeben könne, dass es IHM gelungen sei, die Erlaubnis des Militärs für die Vorstellung in deutscher Sprache zu bekommen.
Das sprach sich wie ein Lauffeuer herum.

Nachdem wir in Curitiba gespielt hatten, waren unsere Kulissen und Kostüme von einer Spedition abgeholt worden, um sie nach Joinville zu bringen,  bis jetzt waren die Sachen aber immer noch nicht angekommen. Ich probierte bei der Spedition anzurufen, konnte aber nicht, denn die Telefonlinien zwischen den beiden brasilianischen Staaten Santa Katharina und Paraná, waren wegen eines Streites zwischen ihnen, ausser Betrieb gesetzt worden.
Da unsere Sachen nicht da waren, mussten wir also den Termin verschieben, mit ungeahnten Folgen!

Mitten in der Nacht klopfte es wie wild an meine Zimmertür.
Es war der Polizeichef persönlich . Die Vorstellung müsse unbedingt am nächsten Tag stattfinden, keinesfalls später!!!

Ich versuchte ihm klarzumachen, dass wir ohne Kostüme und Kulissen kein Theater spielen könnten....
Dies sei ihm egal, sagte der Polizeichef....die Leute in der Stadt würden nämlich glauben , er hätte die deutsche Vorstellung wieder verboten...dabei ging er bis zum Fenster meines Zimmer und zeigte beunruhigt mit dem Finger nach draussen, damit auch ich sehen konnte, warum er so aufgeregt war.
Der Platz vor dem Hotel war nämlich voller , teilweise bewaffneter, Menschen. Der Polizeichef mit seinen wenigen Polizisten, war diesem Ansturm einer wütenden Menge nicht gewachsen und die Soldaten des Militärstützpunktes waren ja alle auf dem Manöver!

Da ich seine Sorgen nun besser verstand, nahm ich mir ein Taxi und fuhr nach Curitiba zu dem Spediteur. Dort lagen unsere Sachen friedlich in einer Halle. Man hatte alles wieder ausgeladen, weil es eine lohnendere Fracht gegeben hatte!
Ich konnte den Inhaber der Spedition aber mit Engelszungen dazu überreden noch in dieser selben Nacht die Fracht persönlich nach Joinville zu bringen.
Der Laster mit unseren Sachen wurde bei seiner Ankunft mit grossem Jubel empfangen und der Polizeichef hielt eine Rede, in der er betonte, welch grosse Mühe er sich gegeben hätte, dieses Gastspiel zu ermöglichen!

Und so wurde also, nach elf Jahren des Verbotes der deutschen Sprache, die erste Vorstellung in deutsch gespielt.
Max und Moritz machten es möglich!




Mittwoch, 20. Februar 2013

32 . Kapitel : Max und Moritz in Brasilien...

Wir kehrten Ende 1947 wieder nach Brasilien zurueck, diesmal kam meine Mutter auch mit, denn sie wollte sehen , ob es möglich wäre dort zu leben und Geld zu verdienen , auch ohne Theater.
Sie hatte in Österreich einige Kurse belegt, für Gesichtspflege und Kosmetik, und gedachte einen Schönheitssalon zu eröffnen.
Das Kapital bekam sie in Brasilien von einem Bekannten geborgt, einem brasilianischen Theaterdirektor, namens Ernesto Farina und so reiste sie wieder zurueck nach Österreich, um einige Sachen der Max und Moritzbühne, die wir noch drüben hatten, zu verschiffen.
Kostüme , Kulissen und auch einen Konzertflügel, den sie Herrn Farina in São Paulo versprochen hatte zu besorgen.

Und dann machte das Leben wieder einmal eine seiner berühmt - berüchtigten, und aus gutem Grunde gefürchteten Drehungen...

Ich bekam nach 14 Tagen ein Telegramm von Fredy :
- " Mutter gestorben, komm sofort hierher"!
Das war ein schrecklicher Schock....
Ich konnte nicht nach Salzburg fliegen und für das Begräbnis wäre ich ohnehin schon zu spät gekommen....




Mit dem Tod meiner Mutter begannen für mich Zeiten einiger finanzieller Sorgen. Wie sollte ich die geborgte Summe für den Konzertflügel zurückzahlen? Waren die Theatersachen noch vor ihrem Tod verschifft worden? War der Konzertflügel auch dabei ? Was sollte ich mit dem bereits gemieteten und eingerichteten Salon machen?
Ich schaffte es mit dem Inhaber de Salons zu verhandeln und die Einrichtung wieder zurückzugeben.
Fredy sagte mir der Flügel sei gekauft worden und das er ihn und auch die anderen Sachen nach Brasilien bringen könnte, wenn ich für ihn und eine junge Schauspielerin, die er gerne mitnehmen wollte, das Ticket bezahlen würde.
Ich brauchte den Flügel, denn dieser gehoerte ja Herrn Farina . Ich borgte mir nochmals etwas Geld und schickte es Fredy, damit er kommen konnte.

Das argentinische Schiff, das er gebucht hatte, kam nach ein paar Wochen an, mit Fredy und der jungen Dame in seiner Begleitung, aber ohne den Konzertflügel!

Alle bestätigten  dass der Flügel verladen worden war. Ich hatte es sogar schriftlich. Nichtsdestotrotz, war von ihm weit und breit nichts zu sehen.
Man sagte mir, man hätte wohl vergessen ihn auszuladen. Ich müsste also warten, bis das Schiff aus Buenos Aires wieder zurück käme.

Vier Wochen später kam das Schiff, der Flügel allerdings mitnichten!....Er sei aber bestimmt ausgeladen worden, nur wusste niemand genau wo!

Nochmal zwei Wochen später bekamen wir einen Anruf aus Santos. Der Flügel sei dort....wir fuhren sofort hin, aber ich wusste bereits, dass das nicht gut sein konnte. Er stand seit zwei Monaten am Kai in Santos, einem der heissesten Häfen der Welt, bei Regen und Sonne. Viel konnte nicht mehr davon übrig geblieben sein.
Tatsächlich war nur noch Staub da und ein paar Elfenbeinplättchen, das waren wohl mal die Tasten gewesen.
Natürlich kam es zu einer Beschwerde, aber natürlich brachte diese auch nichts. In Brasilien laufen die Dinge eben anders als anderswo.

Was aber jetzt? Der Flügel war ja eine bereits bezahlte Bestellung gewesen.
Herr Farina, der Besitzer dieses Unglücksflügels  liess mit sich handeln und fragte, ob wir nicht als Ausgleich, eine Kindervorstellung in portugiesischer Sprache geben könnten. Das war immerhin eine Idee.
Die Kiste die mein Vater mitverschifft hatte, enthielt einige wichtige und für ein Theater wertvolle Dinge, wie alte Schwerter und Rüstungen, die aber für mich im Augenblick ziemlich wertlos waren.
Aber ich hatte die Leute die unser Hauptstück in und auswendig konnten, wenn auch in Deutsch. Es gab aber in Brasilien auch eine Übersetzung von Max und Moritz, unter dem Namen "Juca e Chico". Mithilfe dieser Übersetzung konnte ich das Stueck dann in die portugiesische Form umschreiben .
Ich muss dazu auch noch sagen, dass damals Kindervorstellungen gespielt von Erwachsenen, in Brasilien unüblich waren. Herr Farina kannte diese Art von Theater also nicht und war sehr neugierig es auszuprobieren.




Wir gingen daran die Vorstellung vorzubereiten. Unsere beiden deutschen Schauspielerinnen die kein portugiesisch sprachen, mussten die Texte phonetisch lernen. Man kann dabei nicht improvisieren, denn dann fehlen einem ja die Worte.... Für die Rollen von Max und Moritz engagierte ich zwei Töchter des Schuldirektors meiner Tochter, alle männlichen Rollen übernahm ich selbst.
Wir bestellten Plakate, Flugzettel und Programme.




Es wurde ein voller Erfolg und so spielten wir eine Woche lang stets vor ausverkauftem Haus.





Unser Erfolg sprach sich in Theaterkreisen schnell herum und ein Impresario aus Rio de Janeiro kam, um uns für ein neugebautes kleines Theater , namens "Teatro de Alumínio", das wir eröffnen sollten,  zu buchen.

Also ging es los nach Rio....


Montag, 18. Februar 2013

31 . Kapitel : Zerstörung

Ich wollte auch sehen wie es in anderen Städten in Deutschland aussah, und so fuhr ich zuerst mal nach München. Es war kein schöner Anblick.
Während Salzburg kaum Kriegsschäden hatte, war München größtenteils zerstört worden. Nur die Innenstadt und das schöne Rathaus stand noch.



Ich fuhr weiter nach Nürnberg, dort war ich zum letzten Mal in der Reichspogromnacht gewesen. Ich hatte gelesen, das Nürnberg schweren Bombardierungen ausgesetzt worden war...
Als ich am Bahnhof ankam, fielen mir zuerst grosse Scharen von Kindern auf. Die ganze Bahnhofshalle war voll von ihnen.
Diese Kinder hatten allesamt ihre Eltern auf der Flucht verloren und wussten nicht wohin sie gehen sollten. Einige klammerten sich an mich und baten darum mitgenommen zu werden...es war ein tieftrauriges Erlebnis! Diese kleinen Menschen waren ohne Schuld.
Ich trat aus dem Bahnhof heraus und mir bot sich ein sehr eigenartiger Anblick.
Bekanntlich ist ja die historische Innenstadt Nürnbergs von einer Mauer umschlossen. Ich trat bis an die Mauer heran und konnte ohne jedwedes Hindernis bis auf die andere Seite des Mauerrings sehen. Es war alles dem Erdboden gleichgemacht!




Nürnberg war die Stadt der Reichsparteitage, der Nürnberger Gesetze, des Julius Streicher ( Herausgeber des Schundblattes "Der Stürmer")....dennoch war diese Zerstörung reiner Terror und hatte mit Kriegsgeschehen kaum noch etwas zu tun .
Zu dieser Zeit fanden auch die Nürnberger-Prozesse statt , bei denen ich lieber ein neutrales Land auf dem Richterstuhl gesehen hätte! Amerika als eine der Kriegsparteien hätte dies nie übernehmen dürfen!

Das einzig Gute bei meinem Besuch in dieser Stadt, war das Wiedersehen mit meiner Cousine Margot .

Nachdem was ich bis jetzt von Deutschland gesehen hatte, beschloss ich wieder nach Brasilien zurückzukehren, denn meiner Einschätzung nach, würde es mindestens 50 Jahre brauchen bis in Deutschland wieder ein normales Leben möglich sein wäre. Und so lange konnte ich nicht warten.


30 . Kapitel : Spezielle "American Stories"...

Während ich noch in Salzburg war, bat mich ein guter Freund , der in einem Reisebüro arbeitete, ob ich wohl so nett wäre ein paar Amerikanerinnen durch die Stadt und die Umgebung zu chauffieren. Es gab nur sehr wenige Autos, denn die meisten waren während des Krieges beschlagnahmt worden. Ich sagte gerne zu und die Fahrt war sehr drollig. Es waren etwas ältere Damen, sehr nett und auch sehr neugierig. Von jeder auch noch so kleinen Bergspitze wollten sie den Namen wissen, aber ich hatte meist nicht die geringste Ahnung welche Namen diese hatten.
Da ich aber höflich sein wollte und man als "Gastgeber" sowas ja schließlich wissen müsste, fing ich an den Bergen allerlei verrückte und zungenbrecherische Namen zu geben. Einer davon war somit der berühmte "Oachkatzerlschwoaferlspitz"! Die Damen bemühten sich, zu meinem außerordentlichen Vergnügen, diesen Namen nachzusprechen...sie schafften es nicht , aber  fanden es "wonderful"!!!



Die Amerikaner waren ohnehin etwas besonderes.

Als ich eines Tages nach Freilassing fuhr, ging mir der Sprit aus. Benzin konnte man nur mit Marken bekommen und man bekam immer nur sehr wenige davon. Das war ein grosses Problem, da wir ja sehr oft nach Freilassing mussten.
Ich stand fast genau vor der amerikanischen Kaserne und wusste nicht  was ich nun machen könnte  als mir einfiel, dass ich ja praktisch als Brasilianer zu den Amerikanern gehörte...ich ging also in die Kaserne, stiess dort auf einen Sergeanten der mich fragte was ich wollte. Meinen brasilianischen Pass zeigend, bat ich um Hilfe.

-"Ouh, we'll help you"!

Er rief auf der Stelle ein paar Soldaten und nach einiger Zeit brachten diese auch wirklich zwei grosse Kanister mit Benzin.
Ich bedankte mich herzlich und die Soldaten fragten mich, ob ich wohl ein paar "Brazilian Dollars" hätte.
Ich hatte tatsächlich ein paar brasilianische (wertlose) Geldnoten dabei, die ich ihnen natürlich gerne gegen echte amerikanische  Dollarnoten eintauschte.
Ich traf die gleichen Soldaten noch einmal an Sylvester in Freilassing. Sie begrüssten mich und fragten, ob ich wieder Benzin bräuchte und ob wir über Sylvester denn auch genügend zu essen hätten.  Ich machte ein etwas zweifelndes Gesicht...

-"Wait a moment"!

Nach ein paar Minuten kamen sie wieder, mit einem bratfertigen Puter, den sie mir mit den besten Wünschen für ein frohes 1947 in die Hand drückten.
Diesen Puter über die Grenze zu bekommen war etwas schwierig, wegen des Verbots der Ausfuhr von Lebensmitteln aus Deutschland, aber ich kannte die Gegend gut genug um einen Grenzübergang zu kennen, der wenig genutzt wurde.
Ich fuhr ohne anzuhalten einfach mit Vollgas über die Grenze bis nach Hause. Damals waren die Zöllner noch schlecht ausgerüstet, heute würde ich das wohl eher nicht mehr machen.



Freitag, 15. Februar 2013

29 . Kapitel : Was einem damals so alles passieren konnte!!!

Meine Frau, die aus Wien stammte, wollte eines Tages dorthin, um zu sehen, ob sie noch irgendwelche Verwandte, Bekannte oder Freunde finden könne . Ich hatte auch Lust nach Wien zu fahren, also nahmen wir unser Kind und fuhren mit der Bahn hin.
In Linz änderte sich plötzlich das Zugpersonal, denn Linz befand sich in der russischen Zone, dass war für uns "Neuland", denn bisher waren wir immer nur in der amerikanischen Zone gewesen. Ein russischer Soldat kam zu uns und forderte unsere Pässe. Wir gaben sie ihm. Er blätterte in dem ihm unbekannten Dokument, sah keinerlei russischen Stempel und sagte :
- "Raus"!
Ich sollte also mitgehen. Ein bisschen später erkannte ich, dass das "Raus" nicht feindlich gemeint war....er kannte eben nur dieses eine Wort auf deutsch !
Er ging also mit mir zum Gepäckwagen, riss die Tür auf, sah den diensthabenden Bahnbeamten und sagte wieder :
- "Raus"!
Der Bahnbeamte verschwand und ich folgte ihm in den Güterwagon , heimlich überlegend wie ich ihn wohl am besten zur Strecke bringen könnte , da ich an Verhaftung, Abschiebung und Sibirien dachte....davon hatte man mir nämlich bereits die schlimmsten Geschichten erzählt!
- " Du Zigarett "??
Ach so! Der allgemein und überall herrschende Zigarettenhandel! ( http://www.return2style.de/1939-49/schwarzmarkt/schwarzmarkt1c.htm )

 Ich zog ein angebrochenes Päckchen aus meiner Hosentasche. Selbst Nichtraucher hatten zu diesen Zeiten immer ein paar Zigaretten dabei, denn dies war gleichbedeutend mit Geld oder einem Gefallen!
- "Nicht mehr" ? ( er sagte das nicht, sondern machte ein paar fragende Handbewegungen!)
- "Nichts"!
Er machte die Tür auf und sagte :
- "Raus"!
Wir gingen wieder zurück ins Abteil, wo meine aufgeregte Frau und meine Tochter bereits verzweifelt weinten, denn man hatte ihnen beruhigenderweise gesagt, dass sie mich wohl schwerlich noch einmal wiedersehen würden!
Es gibt doch nichts besseres als mitfühlende Mitmenschen!



Wien war in einem deprimierenden Zustand, obwohl die Stadt kaum bombardiert worden war... dafür hatten aber die Russen nach der Eroberung der Stadt, drei Tage lang gewütet und die meisten Frauen und Mädchen waren vergewaltigt worden, man sah also sehr viele traurige Gesichter und viele Tränen. Wir fanden auch weder Freunde noch Bekannte , also fuhren wir so schnell wir konnten zurück nach Salzburg.

Etwas später musste ich noch einmal nach Wien, um etwas für meine Eltern zu erledigen, aber diesmal fuhr ich alleine und mit dem Auto. Wir hatten einen "Hansa", ein ziemlich schnelles Auto.
Bei der Fahrt durch Linz bekam ich Probleme anderer Art, als bei der letzten Bahnfahrt. Während ich fuhr, hörte ich hinter mir Sirenen heulen, ein Blick in den Rückspiegel und ich sah zwei amerikanische Militärpolizisten  ich hielt natürlich sofort an und fragte welches Gesetz ich denn gebrochen hätte...
- " Sie sind zu schnell gefahren, folgen Sie uns"!
Mit heulenden Sirenen fuhren nun beide im echt amerikanischen Stil vor mir her, bis zu einem Gebäude,  in dem zu dieser Zeit das Gericht funktionierte.
Trotz der grimmigen Gesichter die die Polizisten machten, waren sie mir wesentlich weniger unheimlich als der russische Soldat aus dem Zug.
In dem  Gebäude gab es einen grossen Saal, in den man  mich führte . An der Stirnseite war ein Podest aufgebaut und auf diesem Podest wiederum, in ungefähr 2 Metern höhe , stand ein Pult und an dem Pult sass, wie ich bemerkte, ein amerikanischer Schnellrichter .
Neben ihm stand eine blonde Österreicherin, die wohl als Dolmetscherin fungieren sollte.
Ich sei, so sagte der Richter, 45 km/h gefahren, obwohl in dieser Zone eine Höchstgeschwindigkeitsgrenze von 25 km/h galt!
Die Dame sollte mir das nun übersetzen  ich winkte aber ab und sagte ihr, ich würde die Strafe auch gerne bezahlen, müsste dann aber eine Quittung dafür kriegen!
Der Richter, bei dem ich mir ziemlich sicher war, dass er ebenso gut deutsch sprach wie ich,  fragte auch prompt, wofür ich denn eine Quittung bräuchte ...woraufhin ich ihm erklärte,  dass ich Brasilianer war und diese Quittung unbedingt zu einer Zeitung in São Paulo bringen müsste,  damit diese darüber dann einen netten Zeitungsartikel schreiben könnte, der dann zusammen mit der Kopie der Quittung beim nächsten Male in der Zeitung erscheinen würde. Da ich dann immerhin ein gutes Honorar dafür bekäme, könne er doch sicherlich verstehen wozu ich die Quittung bräuchte!
- "GO OUT"!!!
...und ich war vom Gericht entlassen.